Freitag, 27. Mai 2016

"Der eingebildete Kranke" im Burgtheater

Die Premiere des Burgtheaters von Molieres "Eingebildetem Kranken" liegt schon einige Monate zurück; damals mussten wir den für uns vorgesehen Termin aber verschieben und so haben wir ihn eben gestern nachgeholt.

Quelle: Burgtheater / Reinhard Werner

Quelle: Burgtheater / Reinhard Werner


Das war also die letzte Vorstellung im Rahmen unseres Abos - möglicherweise in mehrfacher Hinsicht.



Wir überlegen nämlich, das Abo aufzugeben und nur noch einzelne, selbst gebuchte Vorstellungen zu besuchen.

Denn das, was da gestern geboten wurde, war mit Abstand das Schlimmste, was wir im Burgtheater bisher erleben mussten.

Dass die Kostüme bunt und schrill sind: ok.
Dass es komödiantische Einlagen mit einigem Klamauk gibt: auch ok.

Aber dass die Darsteller mit völlig überdrehten Fistelstimmen in einem aberwitzigen Tempo sprechen, sodass ich nur geschätzte 20% des Textes verstehen konnte: nicht ok. Das hörte sich etwa so an wie ein alter Kassettenrekorder, bei dem man das Band mit doppelter Geschwindigkeit abspielt. Ab und zu hab ich dann doch ein paar Brocken verstanden und so konnte ich mich wieder ein wenig orientieren, wo im Stück die grade sind.
Dass die ohnehin schon kreischende Madame des Hauses auch noch vö llig abgeha ckt spri cht und uns das Le ben damit unnö tigerwei se schwer macht: absolut nicht ok. Was sollte das?
Dass eine Szene, in der sich der Kranke den Finger einklemmt, auf 5 Minuten (in Worten: fünf; ich übertreibe -nicht-) ausgewalzt wird: ebenfalls nicht ok.
Und so weiter.

Das Stück ist sowieso schon von der eher schlichteren Sorte mit überschaubarer und leicht voraussagbarer Handlung. Da hätte ich mir gewünscht, dass man es irgendwie interessanter macht, um doch noch das eine oder andere aus ihm herauszuholen. Anscheinend hat man das auch versucht, es ist nur völlig in die falsche Richtung und somit völlig in die Hose gegangen.

Flucht in der Pause - und wir waren nicht die Einzigen. Das war ein völlig missratener Theaterabend. Nicht bloß schade, sondern ärgerlich. Man sollte eigentlich das Eintrittsgeld zurück verlangen.

Ich hab den ganzen restlichen Abend nach dem richtigen Wort gesucht, das für diese Vorstellung am besten passen würde. Irgendwann waren dann gleich mehrere da: infantil, kindisch, inferior, unterste Schublade.

Und seit gestern ertappe ich mich dabei, wie ich in manchen sadistischen Minuten dem Dramaturgen und dem Regisseur die Strafe auferlege, dieses Stück ein Jahr lang täglich ansehen zu müssen - was aber wahrscheinlich zu grausam wäre, amnesty international würde völlig zu Recht einschreiten.

Mir tun in Wirklichkeit die armen Schauspieler leid. Die wissen natürlich auch, dass diese Inszenierung ein einziger Murks ist, müssen aber trotzdem Woche für Woche damit auf der Bühne stehen.


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In dieser Saison hatten wir fünf Premieren, gleich drei davon waren misslungen:

Da war einmal diese elende Wassa Schelesnowa-Aufführung; dann der Handke-Abend (gut, da hatte ich von vornherein nicht mehr erwartet) und dann gestern das. 60% Flops sind einfach ein paar Prozente zuviel. Daher die Überlegung, das Abo aufzugeben. Entschieden ist noch nichts, aber die Idee gibt es.

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