Mittwoch, 17. September 2014

"Die letzten Tage der Menschheit" im Burgtheater

Die neue Theatersaison hat begonnen!

An unserem ersten Abend gab es eine Koproduktion der Salzburger Festspiele und des Burgtheaters: Karl Kraus' "Die letzten Tage der Menschheit".

Das Werk besteht aus etwa 200 einzelnen losen Szenen, die komplett noch nie aufgeführt wurden! Kein Wunder, das würde auch gehöriges Sitzfleisch erfordern!

Gestern gab es einen Auszug von etwa 50 davon, und die stellten bereits ordentliche Anforderungen!




Karl Kraus mag ja berühmt sein für seine "Fackel", aber Theaterdichter ist er definitiv keiner. Dieses "Stück" ist kein Drama, sondern eine lose Aneinanderreihung von Einzelerzählungen. Ob man das Buch selbst liest, es sich von Helmut Qualtinger vorlesen oder von den Darstellern des Burgtheaters vorsprechen lässt, macht in Wirklichkeit keinen großen Unterschied. Als beste Variante erscheint mir die mit Helmut Qualtinger: der Mann war wirklich ein Vortrags- und Stimm-Genie!

Es gibt keine durchgehende Handlung, keine Entwicklung von Personen oder Situationen, es plätschert einfach so dahin - das allerdings auf sehr hohem Niveau. Vorkenntnisse über den Ersten Weltkrieg sind nicht bloß hilfreich, sondern hier schlicht und einfach erforderlich. Gut, dass wir am Tag davor auf der Schallaburg waren; so konnten wir dem Vorgehen auf der Bühne einigermaßen folgen. Ein Geschichtsstudium mit Schwerpunkt Erster Weltkrieg könnte auch nicht schaden.

Die schauspielerischen Leistungen waren durchwegs gut, da war niemand dabei, der irgendwie weniger geboten hätte als die anderen. Dazu kommt, dass diese 13 Darsteller zahlreiche Rollen spielen und somit praktisch vier Stunden lang permanent auf der Bühne stehen. Das ist an sich schon eine gewaltige Leistung!

Die Inszenierung spielt auf einer leeren, schwarzen Bühne; als Requisiten gibt es nur ein paar Tische auf Rollen. Um diesen Mangel an Requisiten auszugleichen, wird intensiver Gebrauch der Drehbühne gemacht, selbst dann, wenn es nicht wirklich einen Sinn ergibt - hielt ich für etwas störend.

Sehr gelungen fand ich den Einsatz der Musik. Da gab es eine komplette Blaskapelle, die durchaus auch einmal laut wurde, aber immer passend zum Stück. Wenn gesprochen wurde, gab es hin und wieder ganz dezente Musikuntermalung, die die Verständlichkeit des Textes aber nie störte.

Nach nicht ganz zweieinhalb Stunden gab es eine Pause, die wir zur Flucht auf den Rathausplatz nutzten. Ob wir die letzten paar Szenen sehen oder nicht, war unserer Meinung nach ziemlich irrelevant. Wir ließen also bei Sturm und Bowle das Burgtheater Burgtheater sein und so den Abend ausklingen.

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