Sonntag, 27. Juli 2014

"Extraausgabee -!" - Eine Ausstellung zur Kriegspropaganda

Morgen, am 28. Juli, wird es genau 100 Jahre her sein, dass die K&K-Monarchie dem Königreich Serbien den Krieg erklärt hat.

Nach der Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand, der darauf folgenden "Julikrise", dem Ultimatum an Serbien sowie dessen Ablehnung, machte der alte Kaiser Franz Josef, was er aus seinem Ehrgefühl heraus meinte, tun zu müssen: er erklärte Serbien den Krieg - trotz aller Warnungen und mit den bekannten Folgen.

Dieser Krieg brachte zahlreiche Neuerungen: Panzer (Tanks), Flugzeuge, Gas, die Dicke Bertha etc. Vor allem aber gab es erstmals in größerem Ausmaß Berichterstatter, die direkt von der Front nach Hause berichteten.

Um diese Berichterstatter sowie um die sonstigen Propaganda-Maßnahmen dreht sich die Ausstellung im Wiener Palais Porcia (Herrengasse 23), die noch bis 31. Oktober gezeigt wird. Der Eintritt ist übrigens frei, jedenfalls hat sich mir keine Kassa in den Weg gestellt!





Ich war am Freitag bereits dort.

Der interessanteste Raum - gleichzeitig sicherlich der Kern der Ausstellung - ist der über die Kriegsberichterstatter selbst. Im Kriegspressequartier (KPQ) schrieben sie Nachrichten oder auch frei erfundene Geschichten, die selbstverständlich zensiert und dann erst an die Redaktionen weiter gegeben wurden.
 







Der KPQ-Raum war am besten gestaltet, die anderen waren eher weniger toll: nur wenige Exponate, einfach irgendwie präsentiert.

Neben der klassischen Berichterstattung via Zeitungen, wurden selbstverständlich auch Musik und Musiktheater eingebunden:

Einige Plakete...

auf eine Trommel geklebt - das war's.

Ein eigener Raum beschäftigt sich mit den Beiträgen von Schriftstellern. Auch hier wieder wie schon bei der Musik: eher ideenlos.

Jedes Fach einem Literaten zugeordnet

zu jedem Literaten ein paar Texte



Auch das neue Medium Film wurde sofort für die Propaganda eingespannt:


Jubelfilme wurden am laufenden Band produziert

Im zweiten Hof des Palais wurde sogar ein Feldkino aufgebaut

Im ersten Hof wurde ein kleiner Schützengraben ausgehoben sowie ein Gräberfeld angelegt:

Schützengraben

Gräberfeld...

... mit Einzelschicksalen



Der letzte - und meiner Meinung nach leider auch der schwächste - Raum stellt einige Zeitungen aus der damaligen Zeit aus: nur wenige Jahrgänge, die Zeitungsausschnitte zerknittert und schwer leserlich aufgepappt. Das halte ich nicht nur für schlecht gemacht, sondern schlicht für lieblos. Schade, da hätte ich mir mehr erwartet.

So werden die Zeitungen präsentiert: zerknittert, gekrümmt, insgesamt schwer zu lesen.

Der amtliche Teil der Wiener Zeitung bringt die offizielle Kriegserklärung an Serbien

Schon am nächsten Tag: An Meine Völker!

Im Westen nichts Neues


Die Zeitungen waren stark zensiert, sodass große weiße Flecken entstanden...

... so weiß, dass man nur mit Sonnenbrille lesen kann, ohne geblendet zu werden

Jeder Erfolg wird propagandistisch verwertet. Kein Wort von eigenen Verlusten oder Kriegskosten, nur von den fremden.

In eigenen Zeitungen wurde von Gefallenen, Verwundeten und Vermissten berichtet.

Neben den vielen Toten nach Kampfhandlungen auch auffallend viele Todesfälle nach Krankheiten
Selbst 1917 wird noch von großen Siegen fantasiert

Mein Fazit: der KPQ-Raum klein aber ok, die restlichen Räume eher ideenlos, der Zeitungsraum lieblos. Man kann sich die Ausstellung ansehen, muss man aber nicht.

* * * * * * *

PS: Seit wir in Florenz selbst Leidtragende der rein italienischen Beschreibungen waren, achte ich jetzt immer darauf, wie hiesige Ausstellungen mit internationalen Gästen umgehen. Bei dieser leider nicht sehr gut, alle beschreibenden Texte waren ausschließlich deutsch.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen